Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Gesundheitseinrichtungen

Inhaltsverzeichnis

Das Gesundheitswesen verursacht etwa 6 bis 8 Prozent der globalen CO2-Emissionen (Lehmkuhl 2019). Erfahren Sie hier, wie Sie als Mitarbeitende und Führungskräfte in Gesundheitseinrichtungen diese Emissionen verringern können.

Die CO2-Bilanz einer Gesundheitseinrichtung

CO2-Emissionen richtig erfassen 

Ein verbreiteter Standard für die Bilanzierung von CO2-Emissionen ist das sogenannte Greenhouse Gas Protocol beziehungsweise Treibhausgasprotokoll. Es beschreibt Faktoren zur Berechnung der Emissionssumme. Diese Summe heißt CO2-Bilanz oder CO2-Fußabdruck. Anhand dieser Bilanz können Sie die Ist-Situation Ihrer Einrichtung beurteilen und Fortschritte erkennen. 

Alle Gesundheitsunternehmen müssen das Treibhausgasprotokoll führen. Dort erfassen Sie direkte Emissionen durch Gebäude, Anlagen und Firmenfahrzeuge sowie indirekte Emissionen aus der Erzeugung der verbrauchten Energie. Zusätzlich können Sie weitere indirekte Emissionen erfassen, zum Beispiel aus der Produktion bezogener Materialien oder aus der Abfallentsorgung.

Gemeinsam zu mehr Nachhaltigkeit bei Energieverbrauch, Materialeinsatz und Müllentsorgung

 

Zusammenarbeit und zentrale Steuerung 

Viele Prozesse und Systeme in Gesundheitseinrichtungen werden zentral gesteuert, zum Beispiel die Gebäudetechnik, die Energieversorgung, Logistik und Transport, die Materialbeschaffung und das Abfallmanagement. Anpassungen im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit müssen Sie daher gemeinsam abstimmen, planen und verwirklichen. Mitarbeitende aus allen Teams sollten sich beteiligen. In vielen Einrichtungen gibt es Referate oder Stabsstellen für Nachhaltigkeit und Klimamanagement, die solche Anpassungen steuern und begleiten. 

Energie sparen  

Nach der gemeinsamen Abstimmung und Planung ergeben sich vielleicht auch bei Ihnen neue Möglichkeiten, Energie zu sparen. Zum Beispiel:  

  • Regulieren Sie die Raumtemperatur über Raumthermostate oder über eine zentrale Steuerung. 
  • Heizen oder kühlen Sie Räume nur, wenn es dafür wirklich Bedarf gibt. 
  • Drosseln Sie Heizungen in der Nacht, an Wochenenden und an Feiertagen. 
  • Schalten Sie ungenutzte Elektrogeräte vollständig ab, z. B. über Schalter an Netzsteckerleisten. 
  • Lüften Sie stoßweise statt dauerhaft. 
  • Schalten Sie Licht in ungenutzten Räumen ab. 
  • Installieren Sie Lichtschalter mit Bewegungssensoren in wenig genutzten Bereichen. 
  • Nutzen Sie LED-Licht anstelle von Leuchtmitteln mit hohem Energieverbrauch. 
  • Verzichten Sie auf die Nutzung von Fahrstühlen, wo Sie auch Treppen steigen können. 

(BMWK 2023)

 

Material sparen 

Prüfen und verbessern Sie den Materialeinsatz Ihrer Einrichtung zum Beispiel anhand dieser Fragen: 

  • Dienen die Ausstattung und der Materialeinsatz genau definierten Zwecken? Oder verwenden Sie z. B. steril verpackte Materialien für unsterile Zwecke? 
  • Nutzen Sie Ausstattung und Material so sparsam wie möglich? Oder verwerfen Sie z. B. regelmäßig überlagerte Materialien, weil zu viel bestellt wurde? 
  • Sind die Material-Versorgungsprozesse für Sie durchgängig nachvollziehbar? Oder bestellen verschiedene Personen Materialien, ohne sich miteinander abzustimmen? 
  • Prüfen Sie die Versorgung regelmäßig auf Einsparmöglichkeiten? Oder gibt es noch gar keine Dokumentation, mit der Sie das prüfen könnten? 

 

Vielleicht gibt es bei Ihnen folgende Möglichkeiten, Material zu sparen: 

  • Werten Sie Materialverbrauch aus und optimieren Sie Prozesse auf Materialeinsparung. 
  • Digitalisieren Sie Ihre Administration und Dokumentation, um Papier zu sparen. 
  • Füllen Sie Lager bedarfsgerecht auf, damit Medikamente und Medizinprodukte nicht verfallen. 

 

Müll richtig trennen 

Trennen Sie Restmüll, Wertstoffe und Sondermüll möglichst sorgfältig, denn klinischer Sondermüll wird aufwändig unter hohen CO2-Emissionen vernichtet. Gewöhnlicher Müll hingegen kann mit weniger Aufwand entsorgt oder sogar recycelt werden.

Eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln

 

Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen

Für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen gibt es keine genormten Richtlinien. Aber es gibt grundlegende Erfolgsfaktoren und Inhalte für Nachhaltigkeitsstrategien. 

Eine Nachhaltigkeitsstrategie ermöglicht Ihnen die langfristige Planung sowie die effektive und zielgenaue Ausrichtung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Wichtig ist, dass alle Mitarbeitenden mitwirken können. Deshalb soll die Strategie für alle zugänglich sein und die Planungen und Ziele anschaulich und verständlich beschreiben. 

Binden Sie die Nachhaltigkeitsstrategie in das Unternehmensleitbild und das Qualitätsmanagementhandbuch ein. Platzieren Sie sie auffällig im Intranet, in Bereichs- und Stationshandbüchern sowie auf Aushängen in den Gebäuden. 

Erfolgsfaktoren der Nachhaltigkeitsstrategie 

Wichtige Erfolgsfaktoren einer Nachhaltigkeitsstrategie sind: 

  • Die Unternehmensleitung befürwortet die Nachhaltigkeitsstrategie klar und erkennbar. 
  • Mittlere Führungskräfte und möglichst viele Mitarbeitende engagieren sich dafür und wirken selbst an den Maßnahmen mit. 
  • Der Bereich Unternehmenskommunikation informiert kontinuierlich über die Einführung, Verwirklichung und Zielerreichung der Maßnahmen. 
  • Kennzahlen machen Erfolge mess- und sichtbar. 

Inhalte der Nachhaltigkeitsstrategie

Inhalte und Ziele einer Nachhaltigkeitsstrategie sind zum Beispiel: 

  • Regeln für die jährliche Nachhaltigkeitsberichterstattung 
  • Energiesparkampagnen und Informationsveranstaltungen 
  • ein Kennzahlensystem zur Steuerung und Überprüfung der Nachhaltigkeitsentwicklung 
  • die Förderung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg 
  • eine Speisenversorgung mit regionaler, vegetarischer und biologischer Kost 
  • Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität auf dem Einrichtungsgelände 

Ein Umweltmanagementsystem verwirklichen

Wozu dienen Umweltmanagementsysteme?

Im Rahmen eines Umweltmanagementsystems identifizieren Sie Ursachen für Umweltbelastungen und erarbeiten Maßnahmen zur Verminderung solcher Belastungen. 

Gut geeignet sind Umweltmanagementsysteme auf Basis der internationalen Umweltmanagementnorm ISO 14001 und des europäischen Eco Management and Audit Scheme (EMAS). 

(UBA 2020) 

Ein Umweltmanagementsystem einführen 

In der Regel unterstützen externe Fachleute bei der Einführung eines Umweltmanagementsystems, es sei denn, entsprechend ausgebildete Personen arbeiten im Unternehmen. 

Dabei gehen Sie folgende Schritte: 

  1. Sie erarbeiten die Inhalte und Anforderungen aus der ISO-Norm. 
  2. Sie bestimmen die beteiligten Bereiche, Funktionen und Personen. 
  3. Sie stellen den Ist-Zustand fest. 
  4. Sie formulieren den Soll-Zustand. 
  5. Sie entwickeln Maßnahmen, um den Soll-Zustand zu erreichen. 

Eine Projektgruppe plant, steuert und verwirklicht die Einführung eines Umweltmanagementsystems. Eine Projektleitung koordiniert die Arbeit der Gruppe. Ein Projektplan beschreibt die Inhalte, Phasen und Zwischenergebnisse. Ein Terminplan legt zeitliche Ziele für Zwischen- und Endergebnisse fest. In regelmäßigen Projekt-Meetings werten Sie mit allen Beteiligten den Fortschritt aus und passen die Planung bei Bedarf an. 

Mit internen Audits bewerten Sie den Stand der Systemeinführung. Nach der Einführung zertifizieren externe und dafür zugelassene Auditor*innen das Umweltmanagementsystem. Die Ergebnisse der internen und externen Audits dokumentieren Sie in Auditberichten. Diese beschreiben den erreichten Stand und notwendige weitere Schritte. 

Ein Umweltmanagementsystem enthält unter anderem die Unternehmensvision zur Umweltfreundlichkeit, rechtliche Verpflichtungen sowie sehr konkrete Maßnahmen, Ziele und Kennzahlen. 

(UBA 2020) 

Das System ist zyklisch angelegt. Das heißt: Ein Kreislauf aus Planung, Durchführung, Kontrolle und Anpassung ermöglicht die stetige Verbesserung des Systems. 

(Moen/Norman 2009) 

Ein Energiemanagementsystem verwirklichen

Wozu dienen Energiemanagementsysteme 

Ein Energiemanagementsystem ist Teil des Umweltmanagementsystems. Es basiert häufig auf der internationalen DIN-Norm ISO 50001. Die Norm beschreibt Anforderungen an die Einführung und Verwaltung des Systems sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz. 

Energiemanagementsysteme beinhalten die Planung, Koordination und Verwirklichung von Maßnahmen zur Einsparung von Energie. Sie sind ähnlich aufgebaut, wie die Umweltmanagementsysteme. Auch hier ermöglicht ein Kreislauf die stetige Verbesserung des Systems. Die Hauptverantwortung für Energiemanagementsysteme liegt meist bei Personen oder Teams mit technischer Fachkompetenz. 

E-Learning-Kurs zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Einen praxisorientierten Kurs zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Gesundheitseinrichtungen mit Interaktionen, Fallbeispielen und Wissensüberprüfungen bietet Ihnen die Relias-Kursbibliothek. 

Zu sehen ist ein Auszug des Kurses Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Gesundheitseinrichtungen

Quellen

BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2023): Mehr Effizienz und Sparen im Haushalt [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

Caumanns, J. (2019): Zur Diskussion: Stand der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen, in: Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, Volume 143, S. 22–29 [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

Icha, P./Lauf, T. (2022): Entwicklung des spezifischen Treibhausgas-Emissionen des deutschen Strommix in den Jahren 1990–2021, in: Umweltbundesamt: Climate Change 15/2022 [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

Lehmkuhl, D. (2019): Das Thema Klimawandel und seine Bedeutung im Gesundheitssektor: Entwicklung, Akteure, Meilensteine, in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 62, S. 546–555 [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

Moen, R./Norman, C. (2009): The History of the PDCA Cycle. Evolution of the PDCA Cycle, in: Proceedings of the 7th ANQ Congress, Tokyo, Japan [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

UBA – Umweltbundesamt (2022): Lachgas und Methan [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

UBA – Umweltbundesamt (2021): Internationale Energiemanagementnorm ISO 50001 [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

UBA – Umweltbundesamt (2020): ISO 14001 – Umweltmanagementsystemnorm [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

WBCSD/WRI – World Business Council for Sustainable Development/World Resources Institute (2023): Greenhouse Gas Protocol [online, zuletzt abgerufen am 24.10.2023]. 

war mehrere Jahre als Krankenpfleger in der ambulanten Pflege tätig. Er erwarb den akademischen Grad Magister Artium in Germanistik an der Freien Universität Berlin. Nach seinem Studium arbeitete er als Texter, Lektor und Redakteur in der Unternehmenskommunikation großer Sozial- und Gesundheitsunternehmen – zum Beispiel der Johannesstift Diakonie und der Berliner Stephanus-Stiftung. Bevor er als Fachautor 2022 ins Relias-Team kam, schrieb er freiberuflich für die Patientenedukation in bariatrischen und thoraxchirurgischen Kliniken, in Adipositaszentren sowie für eine psychoonkologische Gesundheits-App.
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