„Sie bekommt keine Luft mehr“ – Wenn die Tracheostoma-Pflege zur Lebenssicherung wird 

Inhaltsverzeichnis

Professionelle Tracheostoma-Versorgung: Worauf es wirklich ankommt 

Die Pflege von Menschen mit einem Tracheostoma gehört für viele Pflegende längst zum Alltag. Ob in der außerklinischen Intensivpflege, im stationären Bereich, in Reha-Einrichtungen oder der häuslichen Pflege – Menschen mit einem Tracheostoma können Pflegenden in allen Pflegeeinrichtungen begegnen. Und dennoch ist ihre Versorgung alles andere als Routine. Denn jedes Tracheostoma ist individuell, jeder Mensch dahinter bringt eigene Bedürfnisse und Risiken mit. 

Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Themen bei der Versorgung eines Tracheostomas und der Trachealkanüle, mit dem Fokus auf Sicherheit, Prävention und Praxisnähe.

Das Tracheostoma – Wann es notwendig wird 

Das Tracheostoma ist eine künstlich geschaffene Öffnung der Luftröhre nach außen und schafft somit einen künstlichen Atemweg. Das kann notwendig werden, z.B. bei … 

  • Atemwegsverlegung, z.B. durch Tumore oder Stimmbandlähmung, 
  • einer langfristigen Beatmung, 
  • neurologisch bedingten Schluckstörungen, z.B. nach einem Schlaganfall, 
  • chronischen Lungenerkrankung, wie z. B. COPD. 

Das Tracheostoma – Lebensretter und Belastung 

Für die Betroffenen bedeutet eine Tracheotomie zunächst: Leben. Denn durch die künstlich geschaffene Öffnung kann Atemluft in die Lunge einströmen. Gleichzeitig kann ein Tracheostoma für Betroffene jedoch auch eine große Belastung bedeuten, zum Beispiel durch …  

  • zähes Sekret, das bis zur Atemnot führen kann und das Absaugen von Sekret aus der Luftröhre erfordern kann – ein Vorgang, den viele Menschen als bedrohlich empfinden. 
  • die vermehrte Bildung von Sekret, wodurch kraftzehrende Hustenanfälle ausgelöst werden können, die bei Betroffenen oder ihrer Umwelt Ekel hervorrufen können.  
  • den Verlust der eigenen, natürlichen Stimme. 
  • Ängste, Sorgen und Überforderung aufgrund der Situation und durch mögliche Abhängigkeiten von Pflege und Versorgung. 

Ihre Aufgabe ist es daher auch, Betroffenen Sicherheit zu vermitteln und sie im Umgang mit dem Tracheostoma und der Trachealkanüle zu unterstützen. 

Die Trachealkanüle – Unterschiede 

Trachealkanülen können unterschiedliche Funktionen und Spezialisierungen haben. Die wichtigsten sind: 

Kanülen mit Innenkanüle (Inlett) 

Bei diesen Kanülen kann die Innenkanüle kann schnell und unkompliziert gewechselt werden, z. B. bei starker oderzäher Sekretion. Gleichzeitig reduziert sie die Verborkungsgefahr der Außenkanüle. 

Kanülen mit Sprechoption 

Bei der Sprechkanüle wird die Ausatmungsluft wird durch eine Fensterung in der Kanüle über den Kehlkopf geleitet und ermöglicht so das Sprechen. 

Kanülen mit Cuff 

Der Cuff ist eine aufblasbare Manschette im unteren Bereich der Trachealkanüle. Er blockiert die Lücke zwischen Trachealwand und Trachealkanüle, weswegen diese Kanülen „geblockte Trachealkanüle“ genannt werde. Der Cuff verhindert die Aspiration von Sekret und Speiseresten und fixiert die Trachealkanüle in der Trachea. Bei beatmeten Personen gewährleistet er außerdem, dass die Atemgase nicht an der Kanüle vorbei entweichen. 

Der Cuff-Druck muss regelmäßig kontrolliert werden, und sollte maximal 20–30 cmH2O betragen. Ist er zu hoch, kann das Gewebe geschädigt werden. Ist er zu niedrig, besteht Aspirationsgefahr oder die Gefahr, dass Atemgase an der Kanüle entlang entweichen. 

Die Tracheostoma-Pflege 

Wird das Tracheostoma nicht fachgerecht gepflegt, können Wundinfektionen, Hautreizungen und -mazerationen, Druckstellen und Granulationsgewebe die Folge sein.  

Beachten Sie daher bei der Reinigung und Pflege des Tracheostomas Folgendes: 

  • Reinigen: Reinigen Sie das Tracheostoma mit klarem Wasser. Verwenden Sie nur fusselfreie Materialien oder spezielle Reinigungstücher und tupfen Sie die Haut anschließend gut trocken. 
  • Trachealkompresse: Sie dient dem Schutz vor Druck und Feuchtigkeit und muss daher regelmäßig gewechselt werden. Verwenden Sie dafür vorgesehene Schlitzkompressen. Zugeschnittene Mullkompressen sind kein Ersatz, denn es können sich Mullfäden lösen und in die Luftröhre gelangen. 
  • Haltebändchen: Es hält die Trachealkanüle sicher im Tracheostoma. Achten Sie darauf, dass etwa 2 Finger zwischen Halteband und Hals passen. Ist es zu fest, kann es zu Druckstellen führen, ist es zu locker, kann die Trachealkanüle verrutschen. 
  • Hautbeobachtung: Achten Sie auf Rötung, Schwellung, Exsudat, Geruch oder Schmerzen 

Endotracheales Absaugen – So viel wie nötig, so wenig wie möglich 

Das Absaugen von Sekret erleichtert Betroffenen die Atmung, ist aber auch eine Maßnahme, die mit Risiken, wie Gewebeverletzungen oder dem Auslösen des Vagusreizes, verbunden ist. 

Daher gilt: Nur bei Bedarf absaugen, nicht nach starren Zeitplänen. 

Den Bedarf erkennen Sie beispielsweise an … 

  • rasselnden Atemgeräuschen, 
  • sichtbarem Sekret, 
  • sinkender Sauerstoffsättigung oder 
  • veränderter Atemfrequenz. 

Für ein sicheres Absaugen …  

  • führen Sie den Katheter maximal 1cm über die Kanülenspitze hinaus in die Luftröhre ein. 
  • verwenden Sie sterile Handschuhe und Katheter in passender Größe. 
  • darf der Absaugvorgang nicht länger als 10–15 Sekunden dauern. 
  • kontrollieren Sie nach dem Absaugen Atmung und Puls. 

Atemluftbefeuchtung – Eine oft unterschätzte Maßnahme 

Durch das Tracheostoma wird die natürliche Befeuchtung und Erwärmung der Atemluft umgangen. Die Folgen sind zähes Sekret, ein erhöhtes Infektionsrisiko sowie eine gestörte Selbstreinigung der Bronchien.  

Daher sollten zur Erwärmung, Befeuchtung und zum Filtern der Atemluft „Heat and Moisture Exchanger“, kurz: HME-Filter oder „feuchte Nasen“, verwendet werden. Sie werden auf die Trachealkanüle gesetzt und von der Ein- und Ausatemluft durchströmt (DGP 2017).

 

Der Wechsel der Trachealkanüle – Verantwortung mit System 

Die Trachealkanüle sichert den Zugang zu den Atemwegen. Wird sie gewechselt, ist diese Sicherung für kurze Zeit nicht gegeben.  

Um die größtmögliche Sicherheit für die betroffene Person zu gewährleisten, beachten Sie unter anderem Folgendes: 

  • Wenn Sie sich für einen Trachealkanülenwechsel nicht ausreichend geschult fühlen, äußern Sie Ihre Bedenken und lehnen Sie die Durchführung ab. Das ist Ihre so genannte „Remonstrationspflicht“ (Höfert 2017: 245). 
  • Prüfen Sie die neue Trachealkanüle vor dem Einsetzen auf Schäden und auf ihre Funktionstüchtigkeit. 
  • Halten Sie ein Notfallset griffbereit mit … 
  • einer Kanüle in der nächstkleineren Größe, 
  • Trachealspreizer, 
  • gegebenenfalls einer 20-ml-Entblockungsspritze, 
  • Notrufnummer und Telefonnummer des behandelnden ärztlichen Personals,

(BVMed 2017: 29) 

Notfälle – Ruhe bewahren und richtig reagieren 

Einen Menschen in akuter Atemnot zu erleben, kann für Sie und die betroffene Person eine beängstigende Situation sein. Wichtig ist, dass Sie Ruhe bewahren und versuchen, die betroffene Person zu beruhigen.  

Ein verlegtes oder blockiertes Tracheostoma ist ein potenziell lebensbedrohlicher Notfall.  

Sie erkennen eine Blockade an … 

  • plötzlicher Dyspnoe, 
  • Kurzatmigkeit und Unruhe, 
  • Abfall der Sauerstoffsättigung, 
  • starker Hustenreiz oder 
  • Atemstillstand. 

Wenn Sie einen Menschen mit Tracheostoma pflegerisch versorgen, müssen Sie mit Erste-Hilfe-Maßnahmen und Beatmungsstrategien über das Tracheostoma vertraut sein. Mögliche Maßnahmen können sein: 

  1. Bringen Sie die Person in eine aufrechte Position, um die Atmung zu erleichtern.
  2. Überprüfung Sie die Trachealkanüle auf Verlegung oder Dekanülierung.
  3. Führen Sie gegebenenfalls einen Kanülenwechsel durch. Dazu sollte sich immer ein Notfallset in der Nähe der betroffenen Person befinden.
  4. Saugen Sie die betroffene Person gegebenenfalls ab, um Fremdkörper aus der Kanüle zu entfernen.
  5. Bessert sich die Situation nicht umgehend: rufen Sie den notärztlichen Dienst.

Fazit: Wissen schafft Sicherheit – für Patient*innen und Pflegende 

Die Versorgung von Menschen mit einem Tracheostoma ist eine komplexe und verantwortungsvolle Aufgabe. Sie verlangt technisches Wissen, ein wachsames Auge, eine ruhige Hand und das ständige Reflektieren des eigenen Handelns. 

Mit fundiertem Wissen und praxisnahen Standards lassen sich Komplikationen vermeiden, Risiken minimieren und die Lebensqualität von Betroffenen gezielt verbessern.

Wie Relias Sie bei der Tracheostoma-Pflege unterstützen kann 

Der Grundlagenkurs „Tracheostoma pflegerisch versorgen“ vermittelt Ihnen, wie Sie Menschen mit einer Trachealkanüle sicher versorgen.  

Sie lernen verschiedene Trachealkanülenarten kennen und erhalten Wissen dazu, wie Sie hygienisch korrekt mit der Trachealkanüle umgehen und einen Trachealkanülenwechsel sicher durchführen. Weitere Inhalte sind das richtige endotracheale Absaugen einer Trachealkanüle und wie Sie sich im Notfall richtig verhalten. 

Schnelles und fundiertes Praxiswissen erhalten Sie darüber hinaus mit unserer Pro on the Go-Kursreihe zum Thema Tracheostoma.  Diese maximal 15-minütigen Kurse enthalten neben dem notwendigen Hintergrundwissen praktische Anleitungen im Videoformat, in denen Sie einer erfahrenen Pflegefachperson bei der Durchführung der verschiedenen Maßnahmen zur Tracheostoma-Versorgung über die Schulter schauen können. 

Die Kursreihe beinhaltet folgende Pro on the Gos: 

  • Pro on the Go – Tracheostoma: Kanüle wechseln 
  • Pro on the Go – Tracheostoma: Pflegen und die Innenkanüle wechseln 
  • Pro on the Go – Tracheostoma: Endotracheal absaugen 

Für wen ist sind diese Kurse geeignet?  

  • Sie richten sich an beruflich Pflegende in allen Settings, vor allem aber in der ambulanten Pflege und in stationären Pflegeeinrichtungen. 
Relias-Kursbibliothek ansehen
Sie möchten mehr zu unserem Kurs-Angebot erfahren? Eine Übersicht unserer zahlreichen E-Learning-Kurse finden Sie hier.

Quellenverzeichnis  

Anton, W. et al. (2023): Wundmanagement und invasive Maßnahmen, in: Andreae, S. et al. (Hrsg.): I care – Altenpflege Langzeitpflege, Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag [E-Book]. 

BVMed – Bundesverband Medizintechnologie e. V. (2017): Empfehlung für die Versorgung von tracheotomierten Patienten [online, zuletzt aufgerufen am 14.03.2025]. 

DGP – Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (2017): S2k-Leitlinie: Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz [online, zuletzt abgerufen am 10.03.2025]. 

Diesener, P./Keller , C. (2021): Tracheotomie, Tracheostoma, Trachealkanüle, in: Keller, C. (Hrsg.): Fachpflege Außerklinische Intensivpfleg, 2. Aufl., München, Deutschland: Elsevier. 

Höfert, R. (2017): Von Fall zu Fall – Pflege im Recht, Berlin, Heidelberg, Deutschland: Springer-Verlag. 

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