PPR 2.0 in der Pflege von Erwachsenen: Das müssen Pflegefachkräfte wissen

Inhaltsverzeichnis

Pflegefachkräfte schaffen die Grundlagen für die Anwendbarkeit der PPR 2.0

Die Pflegepersonalregelung 2.0 soll den Bedarf an Pflegepersonal für die unmittelbare Patientenversorgung möglichst genau bestimmen. Pflegefachpersonen müssen die Funktionsweise der PPR 2.0 verstehen, denn sie …  

  • schätzen den Pflegebedarf ein. 
  • planen und gestalten den Pflegeprozess. 
  • evaluieren den Erfolg der Pflege. 
  • dokumentieren die Planung, Durchführung und Evaluation der Pflege. 

(§ 4 PflBG) 

Ohne diese Tätigkeiten wäre die PPR 2.0 nicht anwendbar – auch wenn Software die zeitlichen Bedarfe und das erforderliche Personal weitgehend automatisch bestimmt. 

Deshalb müssen Pflegefachkräfte die Struktur und die Bestandteile der PPR 2.0 verstehen und wissen, wie sich aus dem ermittelten Pflegebedarf der Personalbedarf ableitet. 

 

Die PPR 2.0 als Teil der PPBV 

Genaue Bestimmungen zur Einführung, Anwendung und zu den Nachweispflichten der PPR 2.0 sind Bestandteil der Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV). Sie enthält 3 Ausführungen der PPR 2.0, nämlich für die: 

  • Erwachsenenpflege auf Normalstationen 
  • Kinderpflege auf Normalstationen 
  • Kinderpflege auf Intensivstationen (ohne Neonatologie) 

In diesem Beitrag geht es vorrangig um die Erwachsenenpflege auf Normalstationen. „Normalstationen“ sind Stationen der somatischen Medizin. Für psychiatrische Bereiche gilt die PPR 2.0 nicht. 

(PPBV) 

 

Die Wirkungen der PPR 2.0 

Die PPR 2.0 soll unter anderem bewirken, dass 

  • der ermittelte Personalbedarf dem tatsächlichen tagesaktuellen Pflegebedarf einer Station entspricht 
  • einheitliche Kriterien und eine klare Methodik die Überprüfbarkeit der Personalbemessung gewährleisten 
  • die Qualität der Pflege steigt 
  • Pflegekräfte entlastet werden. 

(DPR 2023/1) 

 

Bausteine der PPR 2.0: Leistungsstufen und Patientengruppen 

Die PPR 2.0 unterscheidet Pflegeleistungen der allgemeinen und der speziellen Pflege. Für beide Bereiche gibt es je 4 Leistungsstufen, die für jede zu pflegende Person bestimmt werden:  

  • Für Pflegeleistungen in der allgemeinen Pflege gelten die Leistungsstufen A1 bis A4. 
  • Für Pflegeleistungen in der speziellen Pflege gelten die Leistungsstufen S1 bis S4.

 

Für die Zuordnung von Pflegeleistungen zu den Leistungsstufen gibt es ausführliche Tabellen (Anlage 2 PPBV). Diese Tabellen benennen Leistungsbereiche wie „Körperpflege“ oder „Leistungen im Zusammenhang mit medikamentöser Versorgung“. Außerdem enthalten sie Zuordnungsmerkmale, die verschiedene Grade des Aufwands für jeden Leistungsbereich beschreiben. Bei der Körperpflege gibt es zum Beispiel das Zuordnungsmerkmal „überwiegende oder vollständige Übernahme der Körperpflege“, für die medikamentöse Versorgung zum Beispiel das Zuordnungsmerkmal „kontinuierliche oder mehrfach wiederholte Infusionen/Transfusionen […] pro Tag“. 

Die Kombination einer A-Stufe mit einer S-Stufe ordnet die entsprechende Person einer Patientengruppe zu. Benötigt eine Patientin zum Beispiel Hilfe bei der Teilkörperpflege und beim mundgerechten Vorbereiten der Mahlzeiten, entspräche das der Leistungsstufe A2. Muss bei ihr ein aufwendiger Verband 2-mal täglich gewechselt werden, entspräche das der Leistungsstufe S3. Die Patientin gehört damit zur Patientengruppe A2/S3.  

Die notwendigen allgemeinen und speziellen Pflegeleistungen werden täglich anhand der Pflegeplanung bestimmt. Dafür zuständig sind die jeweils diensthabenden Pflegefachpersonen. 

(§§ 9–12 PPBV) 

 

Minutenwerte für Patientengruppen als Grundlage für den Personalbedarf 

Für jede Patientengruppe gilt ein Minutenwert, der den durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand einer Person in dieser Gruppe widerspiegelt. Aus der Addition der Minutenwerte aller Personen ergibt sich der pflegerische Gesamtaufwand. Hierbei geht es um den Gesamtaufwand im Tagdienst von 6 bis 22 Uhr. 

Hinzu kommen folgende gruppenübergreifende Minutenpauschalen: 

  • 75 Minuten für jede Krankenhausaufnahme 
  • 33 Minuten Pflegegrundwert pro Tag und pro Person für nicht isolierte Personen 
  • 123 Minuten Pflegegrundwert pro Tag und pro Person für isolierte Personen 

 

An einem Entlassungstag werden für die entsprechende Person 50 Prozent der Minutenwerte des Vortages berechnet. 

Für Personen in teilstationärer Behandlung gelten jeweils die halben Minutenwerte. Der Fallwert von 75 Minuten für die Aufnahme von teilstationär betreuten Personen wird einmal pro Quartal angerechnet, wenn diese wegen derselben Erkrankung mehrfach behandelt werden. 

(§ 12 PPBV) 

 

Ermittlung der Soll- und Ist-Personalbesetzung 

Wie viel Pflegepersonal auf einer Station arbeiten soll, ergibt die Summe aller anzusetzenden Minutenwerte. Zunächst werden die Vollzeitäquivalente ermittelt – also die Anzahl der Personalstellen für den Fall, dass nur Vollzeitkräfte auf einer Station arbeiten. Diese werden gegebenenfalls auf Teilzeitmitarbeitende aufgeteilt.  

Zur Ermittlung der Gesamtstundenanzahl multipliziert man … 

  • den Pflegegrundwert von 33 Minuten mit der Zahl aller nichtisolierten Personen. 
  • den Pflegegrundwert von 123 Minuten mit der Zahl aller isolierten Personen. 
  • die Minutenwerte der Patientengruppen mit der Zahl der Personen in der jeweiligen Gruppe. 
  • den Fallwert von 75 Minuten mit der Zahl aller Krankenhausaufnahmen auf der Station. 
  • die halben Minutenwerte mit der Zahl aller teilstationär behandelten Personen. 

 

Für den Nachtdienst gilt: Wenn auf einer Station bisher die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) galt, dann gilt diese auch weiterhin für den Nachtdienst (§ 4 (3) PPBV; § 6 PpUGV). 

Wenn auf einer Station die PpUGV nicht gilt, ist für den Nachtdienst ein Verhältnis von 20 Patient*innen zu einer Pflegeperson vorgesehen (§ 4 (3) PPBV). 

Eine zusätzliche Stelle für eine leitende Pflegeperson oberhalb der Stationsebene erhält das Krankenhaus anteilig für jeweils 50 Pflegekräfte (§ 4 (5) PPBV). 

Ausfallzeiten, z. B. für Krankheit und Urlaub, werden berücksichtigt, so dass dementsprechend mehr Personal eingeplant werden kann. 

(§ 4 PPBV) 

Bei der Berechnung der Ist-Personalausstattung geht es um die durchschnittliche Ausstattung mit Pflegefachpersonal in einem Kalendermonat. Zuständig für die Ermittlung der Ist-Personalbesetzung ist die Krankenhausverwaltung. 

(§ 6 PPBV; DPR 2023/1) 

 

Auswertung der Soll- und Ist-Personalausstattung 

Die Krankenhäuser melden die ermittelten Zahlen für die Soll- und Ist-Personalausstattung bezogen auf die Kalendermonate dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). 

Das InEK ermittelt aus den Zahlen einen sogenannten Erfüllungsgrad und meldet diesen regelmäßig dem Bundesministerium für Gesundheit sowie der für das jeweilige Krankenhaus zuständigen Landesbehörde. 

(§§ 7, 8 PPBV) 

 

Weiterentwicklung der PPR 2.0 

Die Anwendung der PPR 2.0 wird wissenschaftlich begleitet, um sie kontinuierlich den Erfordernissen der Praxis anzupassen. Dabei geht es z. B. um die stärkere Berücksichtigung … 

  • unterschiedlicher Fachbereiche, Klinikgrößen und pflegerischer Versorgungskonzepte. 
  • der Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen. 
  • des Qualifikationsmixes, also des differenzierten Einsatzes von Pflegepersonal verschiedener Qualifikationen. 
  • organisatorischer, administrativer und praxisanleitender Tätigkeiten. 

(DPR 2023/2) 

 

PPR 2.0: Fortbildung mit Relias E-Learning 

Da Pflegefachkräfte im Krankenhaus die PPR 2.0 täglich selbst anwenden und so ihren eigenen Arbeitsalltag mitgestalten, müssen sie diese kennenlernen und regelmäßig darin geschult werden. Relias bietet dafür den kontinuierlich aktualisierten Kurs „PPR 2.0 auf Normalstationen für Erwachsene“ an. Weitere Informationen zum Kurs finden Sie hier in unserer Kursvorschau. Ein Kurs zur Kinder-PPR 2.0 ist bereits in der Produktion.

 


 

Quellennachweise 

DPR – Deutscher Pflegerat (2023/1): Rahmenkonzept – Grundsätze PPR 2.0 für Erwachsene [online, zuletzt abgerufen am 01.07.2024]. 

DPR – Deutscher Pflegerat (2023/2): Expert:innenpapier „Voraussetzungen für das Abbilden des Qualifikationsmixes im Rahmen der PPR 2.0“ [online, zuletzt abgerufen am 01.07.2024]. 

PflBG – Gesetz über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz – PflBG) (2017) [online, zuletzt abgerufen am 01.07.2024]. 

PPBV – Pflegepersonalbemessungsverordnung vom 12. Juni 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 188 [online, zuletzt abgerufen am 01.07.2024]. 

PpUGV – Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern für das Jahr 2021 [online, zuletzt abgerufen am 01.07.2024]. 

war mehrere Jahre als Krankenpfleger in der ambulanten Pflege tätig. Er erwarb den akademischen Grad Magister Artium in Germanistik an der Freien Universität Berlin. Nach seinem Studium arbeitete er als Texter, Lektor und Redakteur in der Unternehmenskommunikation großer Sozial- und Gesundheitsunternehmen – zum Beispiel der Johannesstift Diakonie und der Berliner Stephanus-Stiftung. Bevor er als Fachautor 2022 ins Relias-Team kam, schrieb er freiberuflich für die Patientenedukation in bariatrischen und thoraxchirurgischen Kliniken, in Adipositaszentren sowie für eine psychoonkologische Gesundheits-App.
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