Pflegekr�fte stehen unter enormem Druck, sind oft �berarbeitet und im Stress. Sie tragen eine hohe Verantwortung. Bedingt durch den Personalmangel m�ssen sie schnell und effektiv arbeiten. Zwischen Routinearbeiten, dem blitzschnellen Regieren auf Unerwartetes, Fragen der Angeh�rigen und zunehmend auch aufw�ndiger Dokumentationsaufgaben, bleibt ihr wichtigstes Anliegen oft auf der Strecke: f�r den Patienten da sein. Der Personalmangel erschwert nicht nur die Pflege, sondern ist h�ufig auch Ursache f�r Konflikte im Team.
Spritzen geben, Betten machen und Tabletten zusammen stellen, sie dem richtigen Patienten ans Krankenbett bringen, Puls, Temperatur und Blutdruck messen, Patienten hin- und hertransportieren, Notf�lle versorgen, jedem mit einem freundlichen Wort gerecht werden� – all diese Aufgaben bei einer Vielzahl von Patienten sind eine gro�e Herausforderung an Person und Pers�nlichkeit des Pflegenden.
Trotzdem: Krankenschwester ist ihr Traumberuf. �Es ist sch�n, Menschen zu helfen�, sagt Andrea Aruba*, die lange in Afrika lebte und jetzt wieder in einem Krankenhaus auf der Kinderstation arbeitet. „Aber es ist verdammt anstrengend. Man muss lernen, nicht nur f�r andere, sondern auch f�r sich selbst zu sorgen“. Sie hat es mit einem� Kurs zum Kreativen Schreiben gelernt, sich schreibend zu entlasten und mental fit zu machen f�r ihren Beruf.
Das Gesundheitsf�rdernde Kreative Schreiben wird in Berlin bereits universit�r an der Alice-Salomon-Hochschule gelehrt und bei vielen Institutionen eingesetzt: Von der Frauenklinik der Charit� �ber die AIDS-Hilfe Berlin, anthroposophische Verb�nde wie Gesundheit aktiv, oder das Johannesstift werden Schreibzeit und befl�gelnde Schreiberlebnisse angeboten -� zum Wohl der Schreibenden.
- In der Frauenklinik der Charit� stehen die an Eierstock- oder Brustkrebs erkrankten Frauen und ihre Angeh�rigen im Mittelpunkt. Mitarbeiter der Klinik erhalten zus�tzlich das Angebot, als Fortbildung an den Schreibseminaren teilzunehmen.
- Bei der AIDS-Hilfe Berlin standen zun�chst die HIV-positiven Frauen im Vordergrund, dann aber interessierten sich weitere Selbsthilfegruppenleiter. Ein Buch mit Schreibimpulsen und den Texten der Frauen wurde ver�ffentlicht und deutschlandweit zur Verf�gung gestellt.
- Beim anthroposophischen Verband Gesundheit aktiv kommen haupts�chlich Schwestern wie Andrea (s.u.) oder andere in Gesundheitsberufen t�tige Menschen, die sich entlasten und auch weiterbilden wollen, um das Gesundheitsf�rdernde Kreative Schreiben in ihre t�gliche Praxis einzubauen.
- Das Johannesstift in Berlin Spandau stellt die kreativen Schreibimpulse speziell seinem Pflegepersonal zur Verf�gung. Geplant ist eine ermutigende Ver�ffentlichung mit ‚Geschichten aus dem Johannesstift‘, deren Verwirklichung am Tag der offenen T�r begann: Mutmachergeschichten und „Beeindruckende Menschen, die mir begegnet sind“ standen neben kleinen Manifesten und Minitexten auf dem Programm.
Gleichzeitig lernen die Pflegenden, wie sie Jugendlichen oder Senioren,� Patientinnen und Patienten Schreibanregungen geben k�nnen. Oder sie sprechen im Anschluss an den Schreibworkshop die Leitung ihrer Institution an, ob es nicht z.B. aus Spendengeldern eine finanzielle F�rderung f�r die Einrichtung von Schreib- und kunsttherapeutischen Gruppen gibt. Bloggen am Krankenbett, Biografiearbeit zu Lebensabschnitten,� Schreibjournaltechniken f�r jeden Tag bieten M�glichkeiten zur Entlastung und lassen die sch�nen Seiten des Lebens wiederaufleben. Letztendlich sind schreibende Patienten auf eine gute Art besch�ftigt und eher zufrieden als Menschen, die sich zu sehr auf ihre Schmerzen konzentriert sind.
Trotz der Anforderungen gerne zur Arbeit gehen
Andrea hatte keine Angst, Schreiben als Methode zu probieren. Fr�her in der Schule waren ihre Noten in Deutsch durchschnittlich, aber sie fand schon immer Freude daran, ihrem Tagebuch anzuvertrauen, was gerade in ihrem Leben los war.
Im Kreativen Schreibkurs ging es nicht darum, tolle Texte zu produzieren, sondern das Schreiben als therapeutisch wirkendes Mittel zu entdecken. „Ich hab mich mit dem Schreiben wieder auf die Spur gebracht. Ich hatte einen H�nger und wenig Motivation f�r meinen Beruf. Als ich von Afrika zur�ck kam, fand ich es schwer, mich wieder in den Klinikalltag einzugew�hnen. �ber das Schreiben und einfache �bungen hab ich mich motiviert und befl�gelt. Jetzt wei� ich wieder, was ich an dem Beruf toll finde.“
Vom Tagebuch zum Schreibjournal
Andrea hatte im Kurs zum Gesundheitsf�rdernden Kreativen Schreiben gelernt, den Blick auf das zu lenken, was sie an ihrem Beruf begeistert: Kranken Kindern mit Humor und Leichtigkeit zu begegnen, damit sie f�r einen Moment das Schwere an ihrer Krankheit vergessen k�nnen. Sie besorgte sich ein h�bsches himmelblaues Schreibjournal mit samtenem Umschlag. Dahinein schrieb sie jeden Morgen in der S-Bahn, worauf sie sich im Job freut: Den 3-j�hrigen Johannes, der heute entlassen wird, und dessen Krebs hoffentlich nicht wieder entflammt; die 5-j�hrige Mia, die sie immer nach M�rchen fragt, wenn sie� zur T�r hereinkommt; das lustige Miteinander mit den Kollegen in der Teek�che, und auch die Frage, ob Frau Dr. Armbrecht sie heute� wieder loben wird f�r ihre Umsicht mit den Patienten.
Wohlbefinden und Ausgeglichenheit trainieren – ist das m�glich?
Studien zeigen, dass eine Art mentales Training die Informationsverarbeitung im Gehirn deutlich verbessern kann. �Das wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden der trainierten Menschen aus. Schreiben macht mental st�rker. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen best�tigen das. Die Informationsverarbeitung im Gehirn wird �umprogrammiert�, indem man durch die Wiederholung positiver Gedankeng�nge die Synapsenverbindungen �ndert.
Geschenke des Gl�cks finden
Wer trainiert, den Blick auf die sch�nen Seiten des Lebens zu richten, wird im Laufe der Zeit belohnt. Wird immer mehr sch�ne Dinge entdecken, die sein Leben bereichern. Das bedeutet, dass wir aufmerksam durch das Leben gehen m�ssen, um die sch�nen Dinge �berhaupt zu bemerken. Nur wenn wir darauf achten, finden wir heraus, was uns begl�ckt. Daraus folgt: Nicht auf das Gl�ck warten, sondern es suchen wie ein Tr�ffelschwein, denn oft versteckt es sich in Kleinigkeiten. Dem L�cheln einer dankbaren Patientin, einem unerwarteten Lob, dem Witz einer Kollegin. Abgesehen von Ihrer Liste der Vorfreude haben wir hier noch mehr wissenschaftliche Tipps gefunden, wie Sie im Alltag mehr Gl�ck�finden.
Erst eine Liste schreiben, dann mit allen Sinnen vorstellen
Andrea nimmt sich am Feierabend oder auf der Hinfahrt mit der S-Bahn zur Arbeit oft die Zeit, die Momente auf ihrer ‚Ich-freu-mich-auf‘-Liste mit allen Sinnen zu beschreiben. Hier hat sie notiert, wie ihre Vorfreude auf Mia sich anf�hlt:
Ich h�re Mia nach mir rufen: „Hast Du heute wieder eine Geschichte f�r mich? Ihre Stimme ist hell und klar.
Ich sehe, wie sie aufgerichtet im Bettchen sitzt und mich mit erwartungsvollen Augen anstrahlt. �Ich lenke sie ab mit den ersten S�tzen meiner Geschichte, als ich ihr die Spritze gebe. Sie zuckt kaum, als die Nadel in ihre Haut dringt
Ich f�hle, wie sie meine Hand ergreift und vertrauensvoll dr�ckt, vor lauter aufgeregter Erwartung sind ihre Finger feucht.
Ich rieche den Desinfektionsgeruch des Waschmittels im Zimmer und will dem Kind gerne ein Minim�rchen erz�hlen – das kann ich in 7 S�tzen tun und sie wird den ganzen Tag in ihrer Heldenwelt sein.
Ich schmecke das Vorgef�hl von Erfolg. Es so einfach, mein Prinzip: Ich denke mir eine Heldin auf einer anderen Station aus, aus, ein Kind, das hier Patientin ist. Ein Problem, das es zu l�sen gilt, einen Widerstand, den meine Heldin �berwinden muss: �beschreibe dann, wie die kleine Heldin nach Hause kommt und gesund in einem normalen Leben weiterlebt… nach diesem Muster kann ich jede Geschichte erz�hlen und Mia bekommt Mut!
Ausfl�ge in die Kreativit�t erfrischen und zeigend den Weg in die Zukunft
Andrea arbeitet den ganzen Tag, l�uft von Station zu Station und verbreitet gute Laune. Das macht sie beliebt bei Kollegen und Patienten. Auf dem Heimweg in der S-Bahn hat sie Gl�ck und freut sich �ber einen Sitzplatz. Ganz sch�n m�de ist sie jetzt! Ihre Geschichte, die sie Mia erz�hlt hat, notiert sie schnell in ihrem Schreibjournal. Eines Tages, so �berlegt sie, wird sie diese Geschichte vielleicht ver�ffentlichen. Inzwischen hat sie schon viele Mutmach-Geschichten aufgeschrieben. Fast k�nnte man ein Buch damit f�llen. Ihre Ausfl�ge in die Kreativit�t geben ihr einen Energieschub: Statt sich mit Infos auf dem Smartphone unterhalten zu lassen, hat sie beim Schreiben ein Gl�cksgef�hl. Ihre Ausfl�ge in die Kreativit�t erfrischen sie, weil sie das Gef�hl hat, ihr Potential zu entfalten. Sie stellt sich vor, wie sie als Autorin ihr Buch anderen Krankenschwestern auf einer Lesung im Krankenhaus vorstellt und beginnt zu Tagtr�umen. Fast h�tte sie ihre Ausstiegsstation verpasst! Gerade noch rechtzeitig bemerkt sie es und steigt schnell aus. Jetzt kann der Feierabend beginnen!
*(Name von der Redaktion ge�ndert)
�bung zur Vorfreude
Schreiben Sie eine Liste der Dinge, auf die Sie sich im Alltag freuen
W�hlen Sie daraus eine Sache aus, und beschreiben Sie sie mit allen Sinnen:
Ich h�re… Ich sehe… Ich f�hle… Ich schmecke… Ich rieche…