Gespräche mit Angehörigen gehören in der Eingliederungshilfe zum Arbeitsalltag, denn unterschiedliche Blickwinkel und Sichtweisen können sich positiv auf die Betreuungsqualität auswirken. Doch nicht immer laufen die Gespräche reibungslos: Emotionen, unterschiedliche Erwartungshaltungen und Missverständnisse können zu Konflikten führen. Gerade in Krisensituationen wird Kommunikation zur Schlüsselkompetenz. Missverständnisse entstehen nämlich oft nicht durch das Was, sondern durch das Wie einer Aussage. Aber wie gelingt es Fachkräften, professionell zu kommunizieren und auch in schwierigen Situationen souverän zu bleiben? In diesem Artikel erläutern wir Ihnen einige der wichtigsten Konfliktquellen und Gesprächstechniken.
Gute Nachricht: Gesprächstechniken lassen sich trainieren! Unser Kurs „Krisenintervention mit Angehörigen in der Eingliederungshilfe“ bietet praxisnahe Unterstützung für alle, die schwierige Gespräche meistern wollen.
Ursachen erkennen: Warum es zwischen Fachkräften und Angehörigen knirscht
In der Zusammenarbeit zwischen Fachkräften und Angehörigen treffen oft unterschiedliche Realitäten, Erwartungen und Emotionen aufeinander. Das kann zu Spannungen führen, auch wenn beide Seiten im besten Interesse der betreuten Person handeln möchten. Zu den häufigsten Ursachen für Missverständnisse und Konflikte zählen folgende Faktoren:
Unterschiedliche Wahrnehmungen
Während Fachkräfte kleine Fortschritte oder stabile Entwicklungen als Erfolg werten, kann es passieren, dass sich Angehörige auf bestehende Defizite oder das, was noch nicht gelingt, konzentrieren. Diese Diskrepanz kann auf beiden Seiten zu Enttäuschung oder Unverständnis führen.
Überzogene Erwartungen
Manchmal wünschen sich Angehörige umfassendere Unterstützung als im Rahmen der Eingliederungshilfe realistisch leistbar ist. Wenn Erwartungen unausgesprochen oder unrealistisch bleiben, entsteht schnell Frust – besonders, wenn Fachkräfte scheinbar „nicht genug tun“.
Vertrauensdefizite
Wenn sich Angehörige nicht ausreichend informiert oder einbezogen fühlen, können sie das Vertrauen in die Einrichtung verlieren. Ein Mangel an Transparenz oder Mitbestimmung kann das Gefühl auslösen, dass Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden.
Emotionale Belastungen
Angehörige können emotional stark involviert sein und sich schuldig fühlen, sich Sorgen machen oder überfordert sein. Diese innere Anspannung kann sich in Form von Vorwürfen, Vorhaltungen oder ungeduldigen Nachfragen äußern.
Kommunikationsbarrieren
Fachbegriffe, Zeitdruck oder kulturelle Unterschiede können Gespräche zusätzlich erschweren. Was für einen Gesprächspartner selbstverständlich ist, kann für den anderen unverständlich sein.
Ressourcenmangel
Manchmal lassen Überlastungen bei Fachkräften ebenso wie bei Angehörigen wenig Raum für empathische Kommunikation. Druck fördert Ungeduld und senkt die Bereitschaft zum Perspektivwechsel.
Unklare Zuständigkeiten
Wer ist wofür verantwortlich? Und warum? Wenn Aufgabenverteilungen nicht klar kommuniziert werden, können Unsicherheiten oder falsche Erwartungen entstehen. Das kann dazu führen, dass sich Angehörige alleingelassen fühlen oder Dinge einfordern, die außerhalb des Verantwortungsbereichs der Einrichtung liegen.
(Glasl 2007; Will 2008; Simon 2010)
Expertentipps: Gesprächstechniken für mehr Verständnis und weniger Konflikt
Um auch in schwierigen Gesprächssituationen handlungsfähig zu bleiben, haben sich unter anderem folgende Kommunikationstechniken bewährt:
Aktives Zuhören
Durch aufmerksames, bestätigendes Zuhören – etwa mit Gesten, kurzen Rückmeldungen oder Paraphrasierungen – signalisieren Fachkräfte echtes Interesse und Wertschätzung. Das beruhigt aufgebrachte Gesprächspartner und schafft eine offene Gesprächsatmosphäre.
Ich-Botschaften
Statt Vorwürfe oder Kritik in den Raum zu stellen, sollten eigene Wahrnehmung und Bedürfnisse klar und respektvoll durch Ich- Botschaften formuliert werden. Das reduziert Abwehrreaktionen und fördert gegenseitiges Verständnis.
Wenn die Mutter einer betreuten Person Sie beispielsweise dafür kritisiert, dass Sie ihrem Sohn angeblich nicht genügend Aufmerksamkeit widmen, könnten Sie beispielsweise so reagieren:
„Ich verstehe, dass Ihnen die Betreuung Ihres Sohnes sehr wichtig ist, und ich merke, dass Ihnen einiges Sorgen bereitet. Mir liegt viel daran, dass wir gut miteinander sprechen und gemeinsam eine gute Lösung finden.“
Fragetechniken gezielt einsetzen
Gezielte Fragen helfen, ein Gespräch in eine lösungsorientierte Richtung zu lenken. Besonders offene und klärende Fragen ermöglichen es, Anliegen besser zu verstehen und gemeinsam nächste Schritte zu entwickeln.
Metakommunikation nutzen
Wenn Gespräche ins Stocken geraten oder Missverständnisse drohen, kann es hilfreich sein, einen Schritt zurückzutreten und das Gespräch selbst zum Thema zu machen: „Ich habe das Gefühl, wir reden gerade aneinander vorbei – wie sehen Sie das?“ So lassen sich unausgesprochene Erwartungen oder Spannungen frühzeitig klären.
Reframing & Perspektivwechsel
Negative Aussagen oder Konflikte lassen sich häufig in ein neues Licht rücken („Reframing“). Gleichzeitig hilft der gezielte Perspektivwechsel, die Sichtweise des Gegenübers besser zu verstehen. Beides sind Schlüsselkompetenzen für einfühlsame und professionelle Kommunikation.
Zirkuläres Fragen
Indem Fachkräfte erfragen, wie andere Beteiligte die Situation einschätzen, entstehen neue Blickwinkel. Das kann helfen, festgefahrene Denkmuster zu lösen und kreative Lösungen zu finden.
(Weisbach 2003; Simon/Rech-Simon 1999; Benien 2004; Fengler 2009)
Lernen im realistischen Gesprächsszenario
Sie möchten Ihre Kompetenzen in der Krisenintervention noch weiter trainieren? Ein Highlight des Kurses „Krisenintervention mit Angehörigen in der Eingliederungshilfe“ ist das realitätsnahe Lernszenario: Die Teilnehmenden übernehmen die Rolle einer Fachkraft in einem angespannten Angehörigengespräch und treffen Entscheidungen, die den Gesprächsverlauf unmittelbar beeinflussen. Diese interaktive Methode ermöglicht es, typische Konfliktsituationen aus dem Berufsalltag hautnah zu erleben und gezielt zu trainieren. Das kann Fachkräften helfen in angespannten Situationen ruhig, klar und souverän zu bleiben und fördert sicheres Auftreten unter Druck.
Ergänzt wird das Szenario durch praxisnahe Übungen, Quizfragen und fundierte wissenschaftliche Modelle von Schulz von Thun, Watzlawick und anderen Kommunikationsforschern. So gelingt nicht nur der Transfer in den Arbeitsalltag, sondern auch eine nachhaltige Verbesserung der Kommunikation – mit mehr Empathie, Klarheit und Sicherheit im Umgang mit herausfordernden Situationen.
Ihr Nutzen: Mehr Sicherheit in schwierigen Gesprächen
Gute Kommunikation ist erlernbar. Der Umgang mit Angehörigen erfordert Empathie, Klarheit und Struktur. Wer Konfliktquellen kennt und gezielte Techniken anwendet, bleibt auch in belastenden Situationen souverän.
Nutzen Sie den Kurs, um Ihre Kompetenzen auszubauen und schwierige Gespräche in echte Chancen für Zusammenarbeit zu verwandeln! Stärken Sie Ihre Gesprächskompetenz und lernen Sie, in kritischen Situationen professionell zu handeln.
Sie möchten mehr zu unserem Kurs-Angebot erfahren? Eine Übersicht unserer zahlreichen E-Learning-Kurse finden Sie hier.
Quellenverzeichnis
Benien, K. (2004): Schwierige Gespräche führen, Rowohlt, Hamburg, Deutschland.
Fengler, J. (2009): Feedback geben: Strategien und Übungen, Beltz Verlag, Weinheim, Deutschland.
Fisher, R.; Ury, W.; Patton, B. (2015): Das Harvard-Konzept: Die unschlagbare Methode für beste Verhandlungsergebnisse (25. überarb. Aufl.), Campus Verlag, Frankfurt a. M., Deutschland.
Glasl, F. (2007): Selbsthilfe in Konflikten; Haupt Verlag, Bern, Schweiz.
Glasl, F. (2009): Konfliktmanagement: Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater (10. Aufl.), Haupt Verlag, Bern, Schweiz.
Simon, F. B. (2010): Einführung in die Systemtheorie des Konflikts, Carl Auer Verlag, Heidelberg, Deutschland.
Simon, F. B./Rech-Simon, C. (1999): Zirkuläres Fragen: Systemische Therapie in Fallbeispielen, Carl Auer Verlag, Heidelberg, Deutschland.
Schulz von Thun, F. (2011): Miteinander reden 3: Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation, Rowohlt, Hamburg, Deutschland.
Watzlawick, P. (2000): Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien, Huber.
Weisbach, C. (2003): Professionelle Gesprächsführung: Grundlagen und Methoden für soziale Berufe, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Deutschland.
Will, F. (2008): Emotionen am Arbeitsplatz: Ein Handbuch für Führungskräfte und Berater, Beltz Taschenbuch, Weinheim, Deutschland.